In der Performance von Selma Selman wird das Zerstören von Staubsaugern zur physischen Arbeit. 
In der Performance von Selma Selman wird das Zerstören von Staubsaugern zur physischen Arbeit.
Tibor Varga Somogyi

Ameisen haben uns Menschen einiges voraus. Sie arbeiten nämlich unermüdlich zusammen, sind fleißig und erledigen dadurch effizient ihre Aufgaben. Wenn man auf dem sogenannten Travelator im Kunsthaus Graz durch eine Röhre hinauffährt, ist man von Ameisen umgeben. Zu sehen ist dort nämlich eine Arbeit des Medienkünstlers Peter Kogler, die dieser ursprünglich 1992 auf der Documenta 9 in Kassel vorstellte. Die Ameisen weisen uns den Weg in die von Katia Huemer und Martin Grabner kuratierte Ausstellung 24/7 – Arbeit zwischen Sinnstiftung und Entgrenzung.

In ihrer
In ihrer "Mischmaschine" untersucht Pia Mayrwöger das Zusammenspiel von Mensch und Maschine.
Bildrecht, Wien 2024

Über Arbeit diskutieren in Österreich am liebsten jene Menschen, deren Existenz nicht davon abhängt, in prekären Jobs Arbeiten zu müssen. Da ist die 32-Stunden-Woche genauso Debattenthema wie die 41-Stunden-Woche. Mit Film, Installationen und Interaktivem zeigt das Kunsthaus Graz, wie sich der Begriff Arbeit in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Plötzlich sprechen wir von einer Work-Life-Balance. Von unsichtbarer – vor allem auch nicht entlohnter – Care-Arbeit. Die künstliche Intelligenz übernimmt langsam das Schreiben und Musizieren, während wir uns weiter frühmorgendlich in Büros und Fabriken schleppen.

Schöne neue Arbeitswelt

In 30 Positionen von Künstlerinnen und Künstlern wie Santiago Serra, Johanna Kandl oder Selma Selman kreist die Ausstellung um das Thema. Das Videoprojekt Eine Einstellung zur Arbeit von Antje Ehmann und Harum Farocki nähert sich ganz grundsätzlich dem Wesen der Arbeit. Da sieht man den Zahnarzt beim Bohren und das Reinigungspersonal beim Putzen, es werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener Tätigkeiten gezeigt. Performative Kunst ist aber am schönsten, wenn darin etwas zerstört wird: Selma Selman hackt in der Performance Vampyr 1400 auf mehrere Staubsauger ein und damit auch auf die gesellschaftlichen Hierarchien, in denen Frauen die unbezahlte Hausarbeit machen.

Die KI-Puppe von Louisa Clement wurde mit dem Lebenslauf und der Persönlichkeit der Künstlerin befüllt. 
Die KI-Puppe von Louisa Clement wurde mit dem Lebenslauf und der Persönlichkeit der Künstlerin befüllt.
Bildrecht, Wien 2024

Männer neigen in ihrer Beschäftigung eher zur Selbstzerstörung: Christoph Schwarz ließ sich in seiner Videoarbeit Halbautomatisches Reisen im Frachtraum eines Schiffes bis nach China transportieren, inklusive benommener Selbstgespräche mit den Containern und einem Nervenzusammenbruch. Der taiwanisch-amerikanische Performancekünstler Tehching Hsieh hingegen hat festgehalten, wie er in einer Dauerperformance ein Jahr lang 24-mal am Tag eine Stempeluhr betätigte. Geschlafen hat er in dieser Zeit nie länger als eine Stunde am Stück. Für die Kunst, um den Sinn im Sinnlosen zu finden.

Gespräche mit unechten Menschen

Um die Praxis der Kulturarbeit zu hinterfragen, soll sich auch jeden Tag für eine Stunde eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Museums gesprächsbereit in die Ausstellung setzen. Der kuratorische rote Faden, um dieses Konvolut an interessanten Werken zu verknüpfen, fehlt aber ein wenig. Es gelingt nicht ganz, das Wesen neuer, teilweise digitaler Arbeitsformen in unseren postmodernen Zeiten zu übersetzen. Dafür kann man sich aber mit einer technologisch veralteten KI-Repräsentantin der Künstlerin Louisa Clement unterhalten. "Hello culture editor from a newspaper", antwortet sie auf die Frage, ob sie diesen Artikel schreiben könne. "It would be better for you, to do it yourself." Danke für nichts, künstliche Intelligenz. (Jakob Thaller, 3.5.2024)